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Massensterben unter Delfinen hält an


Gestern vor zwei Jahren – am 20. April 2010 – brach ein entsetzliches Unglück über den Golf von Mexiko herein. Die BP-Ölplattform Deepwater Horizon explodierte, elf Menschen kamen ums Leben, 780 Millionen Liter Öl liefen ins Meer aus. Zur „Schadensbekämpfung“ wurden anschließend 7 Millionen Liter Bindemittel dazugeschüttet.

Düstere Wolken hängen über dem Meer (Foto: S. Gugeler)

Heute steht es um die Golf-Region nach wie vor schlecht. Fischerfamilien müssen um ihre Existenz bangen, denn das Vertrauen ihrer Kunden konnten sie trotz streng kontrollierter Meeresfrüchte nicht zurückgewinnen. Die langfristigen Schäden für Mensch und Tier sind noch nicht absehbar.

Alarmierendes Massensterben unter den Delfinen

Alarmierend ist auch das Massensterben der Delfine. 84 Delfine wurden seit Anfang des Jahres an den Küsten des Golfs von Mexiko tot geborgen. Der Jahresdurchschnitt liegt sonst bei 74 Delfinen!!! Im vergangenen Jahr starben hier 362 Delfine (das ist fast einer pro Tag).

„Unübliches Todesfallereignis“ auch in Peru

Auch in Peru gibt es ein „unübliches Todesfallereignis“ (so wird das Massensterben von Delfinen von Behörden genannt; in Englisch nennt man es „unusual mortality event – UME“). Hardy Jones – Filmemacher und Autor des Buches The Voice of the Dolphins – reiste Ende März in die betroffene Region von San Jose. Dort traf er sich mit Dr. Carlos Yaipen Llanos – Direktor der südamerikanischen Delfinschutzorganisation ORCA. Als sie die Strände auf eine Länge von 135 km absuchten, entdeckten sie 615 tote Gemeine Delfine und Burmeister-Schweinswale.

Gemeiner Delfin (Illustration: Jörg Mazur)

Burmeister-Schweinswal (Illustration: Jörg Mazur)

Viele der Delfine und Schweinswale waren schon in einem stark verwesten Zustand, sodass Untersuchungen zur Todesursache schwierig sind. Ob die Tiere an Vergiftungen, einem Virus oder Schockwellen, die bei Ölbohrungen eingesetzt werden, gestorben sind, ist noch unklar.

Meeresverschmutzung macht Mensch und Tier krank

Hardy Jones ist überzeugt davon, dass die Wasserverschmutzung Schuld am Tod der Meeressäuger ist. Sie ist seiner Meinung nach viel gesundheitsgefährdenter, als je angenommen wurde.

Er selbst wurde Opfer des verschmutzten Meeres. Denn nach hohem Fischkonsum wurde sein Gesundheitszustand von Jahr zu Jahr schlechter. Bei ihm wurde 2003 schließlich eine chronische Quecksilbervergiftung diagnostiziert. Die Krankheit nennt sich Multiple Myeloma (Knochenmarkskrebs).

Quecksilber wurde übrigens auch im Fleisch von in Taiji/Japan getöteten Delfinen entdeckt … Auch in Peru werden Delfine gegessen. Jones und Llanos erfuhren in Gesprächen mit der Bevölkerung, dass vor allem die Menschen an Diabetes erkrankt und gestorben sind, die häufig Delfinfleisch gegessen hatten.

Was zur Zeit in den Ozeanen passiert, erschüttert den Delfin-Freund Hardy Jones. Außer im Golf von Mexiko und Peru wurden auch im Osten der USA – in Cape Cod – unverhältnismäßig viele Todesfälle unter den Gemeinen Delfinen gemeldet.

Lethal Waters

Bereits 1987 wurde Jones auf das Problem „lethal waters“ (krankmachende Gewässer) aufmerksam, als mehrere Hundert Delfine in New Jersey und Virginia tot angeschwemmt wurden. Bei allen untersuchten Tieren wurde damals eine Lungenentzündung diagnostiziert. Jones vermutete, dass eine Art Aids unter den Delfinen ausgebrochen war.

Orcas hatten AIDS-Symptome

Seine Beobachtungen konnte er auch auf die residenten Orcas in Vancouver Island ausweiten. Nach seiner Rückkehr nach 20 Jahren in San Juans musste Jones feststellen, dass die meisten erwachsenen Männchen aus dem sogenannten J-Pod, die er in den 1980er- und 1990er-Jahren gefilmt hatte, gestorben waren. Ihr Tod wurde mit einer hohen Konzentration von PCB im Gewebe in Verbindung gebracht.

Eine Gruppe Orcas (Foto: Frank Blache)

Das Immunsystem der Meeressäuger war durch das Gift ähnlich angegriffen wie das von Menschen, die sich mit AIDS infiziert hatten. Die Meeressäuger konnten sich nicht mehr erfolgreich gegen Bakterien schützen. Außerdem war ihr Fortpflanzungsorgan unterentwickelt. Grund: Die Tiere hatten infizierte Muttermilch getrunken.

Die Mütter der männlichen Tiere dagegen waren geschützt, solange die Babys die Muttermilch tranken. Mit der Milch reduzierte sich nämlich gleichzeitig der PCB-Gehalt im Körper der weiblichen Tiere … Später geborene Orcas hatten wieder eine höhere Überlebenschance, da der Gift-Gehalt in den Muttertieren durch die Aufzucht der Erstgeborenen gesunken war.

Tickende Zeitbombe

Delfine können sehr lange überleben, wenn sie Gifte aufgenommen haben, da sich diese zunächst einmal im Speck festsetzen. Nur wenn der Stoffwechsel des Delfins es erfordert, dass die Fettreserven aufgebraucht werden, da beispielsweise zu wenig Nahrung vorhanden ist, gelangt das Gift in die Blutbahn und macht den Delfin krank. Das Immunsystem des Tieres wird geschwächt.

Man könnte sich nach Jones Theorie auch so das Massensterben im Golf von Mexiko erklären. Die Delfine hatten wenig Futter, da viele Fische starben. Sie magerten ab und „versorgten“ sich schließlich über ihre Fettreserven, in denen die tödlichen Umweltgifte stecken. Das Immunsystem wurde geschwächt und führte schließlich zum Tod der Delfine.
(Quellen: The Voice of the Dolphins, Huffington Post und BlueVoice.org)

1 Kommentare

  1. Zum Thema gibt es bei Schwarz-Weiß-Giganten einen interessanten Bericht über die bedrohten Orcas in Kanada:  http://www.schwarz-weisse-giganten.de/southern_re

    geschrieben von Susanne

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