Vor kurzem musste ich mit den Tränen kämpfen, als ich in einem Dokumentarfilm sah, wie eine Robben-Mutter einen Strand in Patagonien nach ihrem Baby absuchte und es immer wieder rief … Die kleine Robbe war kurz zuvor von einem Orca geschnappt, durch die Luft gewirbelt und nach einigen langen „Spielminuten“ schließlich gefressen worden.
Doch die Natur ist eben unerbittlich und ihr Motto lautet „Fressen und gefressen werden“. Wobei Letzteres für Orcas nicht zutrifft, denn sie haben keine natürlichen Feinde.
Festmahl der Orcas
Kurt de Swaaf beschreibt in seinem Beitrag „Das Festmahl der Orcas in der Antarktis“ die Jagdmethode dieser großen Delfine (auch Schwertwale oder Killerwale genannt) im Südpolarmeer.
Swaaf zitiert dabei zwei US-Forscher, die offenbar herausgefunden haben, dass Orcas sehr wählerisch bei ihrer Beute-Auswahl sind. Der Journalist schildert eine Szene, wie sie sich tagtäglich im Südpolarmeer abspielt.
Angelockt durch das Treibeis, halten die Orcas Ausschau nach ihrer Beute, indem sie sich ein Stück weit aus dem Wasser heben und die Eisschollen beäugen (man nennt dieses Verhalten „spy-hopping“) – auf der Suche nach Robben. Doch nicht jede Robbe ist nach dem Geschmack der Raubtiere. So werden Seeleoparden und Krabbenfresser verschmäht, wie die beiden Forscher Robert Pitman und John Durban während ihrer zweiwöchigen Beobachtungstour in der Antarktis feststellten.
Auch Orcas haben ihre Leibspeise
Die Leibspeise der Orcas scheinen Weddellrobben zu sein. Wird eines der Tiere von einem Späher-Orca entdeckt, dann taucht der große Delfin für 15 bis 30 Sekunden unter, um dann kurze Zeit später mit seinem Clan wieder aufzutauchen. Wahrscheinlich hat er den anderen mitgeteilt, dass ein verlockendes Angebot auf der Scholle verharrt.
Was nun folgt, konnte man schon in diversen Filmen sehen. Die Delfin-Gruppe formiert sich und schlägt synchron mit den Schwanzflossen aufs Wasser. Dadurch entsteht eine Art Tsunami-Welle, die die Robbe von der Scholle fegt. Was bisher nicht in einem Film gezeigt wurde, ist die Tötungsmethode der Orcas. Die Robbe wird nicht tot gebissen, sondern ertränkt.
Ist die Robbe tot, wird sie zerlegt. Dies geschieht zwar unter Wasser und konnte nicht von den Biologen beobachtet werden, doch kurze Zeit nach der erfolgreichen Jagd trieben an der Wasseroberfläche die abgezogenen Reste (Kopf, Haut, Fett, Vorderflossen, Schulterblatt) der Robbe. Die Teile trieben nicht etwa verstreut auf dem Meer, sondern die Reste blieben an einem Stück.
Beute wird regelrecht filetiert
Pitman vermutet, dass ein Orca die Robbe an den hinteren Flossen festhält, während ein zweiter Schwertwal der Robbe das Fell vom Körper zieht. Die Beute wird dann gerecht unter allen Clan-Mitgliedern aufgeteilt. Die Forscher beobachteten in keinem Fall Streitereien unter den Schwertwalen.
Auch Pinguine werden ähnlich zerlegt wie Robben. Pitman und Durban beobachteten, dass bei Pinguinen nur das Brustfleisch entnommen wird. „Das Nahrungsangebot scheint sehr groß zu sein, sonst würden die Orcas nicht so selektiv vorgehen“, erklären die Biologen. In schlechteren Zeiten verschmähen sie auch Seeleoparden und Krabbenfresser nicht.
(Quelle: derStandard.at)