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Streitthema Delfinarium: 10 Gründe, warum …


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Meeresakrobaten, 4. März 2013

… Besucher der Tiergärten in Nürnberg, Duisburg und Harderwijk (NL) zum Schutz der Delfine beitragen.
(Unbedingt das Fazit am Schluss der Aufzählung beachten!)

Plakat in Nürnberg (Foto: Susanne Gugeler)

1. Schutz für alle Delfine

Delfinschutz bedeutet für mich nicht nur Schutz frei lebender Delfine, sondern er muss auch die in menschlicher Obhut gehaltenen Großen Tümmler mit einbeziehen. Ein großes Anliegen der o.g. Definarien ist es, die Delfin-Haltung nach neusten internationalen Erkenntnissen immer weiter zu optimieren.

Beispiel

Die Betreiber der Zoo-Delfinarien tauschen sich jährlich in der European Association for Aquatic Mammals über die Haltung von Delfinen aus (die Konferenz fand im März 2013 in Nürnberg statt). Von einer Optimierung in der Delfin-Haltung in Deutschland und in den Niederlanden profitieren auch andere Länder. In Deutschland treffen sich außerdem jedes Jahr die Mitglieder des Verbands Deutscher Zoodirektoren, um sich bei wissenschaftlichen Vorträgen, in Arbeitsgruppen und Diskussionsrunden über neue Erkenntnisse in der Tier-Haltung auszutauschen. Hier gibt es viele Gelegenheiten, voneinander zu lernen. 2012 fand die Jahrestagung in Nürnberg statt.

2. Eintrittsgelder

Mithilfe von Eintrittsgeldern sowie Mitgliedsbeiträgen der Zoo-Freunde wird eine optimale Tier-Haltung (also auch die Delfin-Haltung) finanziert. Eine optimierte Haltung trägt logischerweise zum Schutz des Lebens der Tiere bei.

Beispiel für Optimierung: die Delfin-Lagune in Nürnberg

Die Großen Tümmler haben seit Sommer 2011 die Möglichkeit, ihr Leben draußen zu verbringen und nicht nur in einer Halle mit künstlichem Tageslicht zu schwimmen. Durch diese Veränderung haben sie genügend optische Abwechslung, Frischluft und Luftfeuchtigkeit und sie erleben den Lichtwechsel. Außerdem wurde die Anlage beträchtlich vergrößert und man verzichtet auf die Zugabe von Chlor im Wasser.

Info-Tafel in Nürnberg (Foto: Susanne Gugeler)

3. Informationen

Die Besucher erfahren in Nürnberg, Duisburg und Harderwijk von einem gut geschulten Personal sowie von Info-Tafeln, wie es um die über 30 Delfin-Arten weltweit bestellt ist, und beteiligen sich durch Spenden oder Aktionen am Schutz der Meeressäuger.

Beispiel, wofür Eintrittsgelder verwendet werden

In Harderwijk werden von den Eintritts- und Spendengeldern jedes Jahr etliche Schweinswale, die gestrandet sind, gesund gepflegt und nach einer Reha-Phase wieder ins Meer gebracht.

4. Unterricht

In speziellen Unterrichtseinheiten erfahren Schüler eine Menge über die Anatomie und das Verhalten der Delfine sowie über die Bedrohungen ihrer Artgenossen in den Ozeanen und Flüssen (siehe auch Punkt 3) und was man zu deren Schutz beitragen kann. Bei etlichen jungen Menschen wird auf diese Weise der Wunsch wach, zum Schutz der Meerestiere beizutragen.

Beispiel für außerschulischen Unterricht

Sowohl in Nürnberg als auch in Duisburg stehen optimale Lehr-Räume zur Verfügung. In Nürnberg: der Blaue Salon; in Duisburg: das Blaue Klassenzimmer.

Die Kinder sehen hinter Panoramascheiben den Delfinen bei deren Treiben zu. Von Zoo-Pädagogen werden ihnen anatomische Besonderheiten und Verhaltensmerkmale direkt am Tier erklärt. Da bei dieser Art Unterricht mehrere Sinne sowie Emotionen angesprochen werden, bleibt der gelernte Stoff nachhaltig im Bewusstsein verankert.

Im Blauen Salon (Foto: Susanne Gugeler)

5. Nachzuchten

Durch erfolgreiche Nachzuchten (vor allem in Duisburg in den Jahren 2008 und 2011) kann auf Wildfänge in Zukunft verzichtet werden. Es werden also für deutsche Delfinarien keine Delfine in den Ozeanen gejagt. Die letzten Wildfänge in Nürnberg und Duisburg stammen aus den 1980er-Jahren. Beide Delfinarien verurteilen öffentlich die Delfin-Treibjagd in Taiji/Japan.

Beispiele für erfolgreiche Nachzucht

In Deutschland gibt es bereits Große Tümmler in der zweiten Generation. Sieben von neun (!!!) Delfinen sind in Duisburg geboren. In Delfinarien in den USA gibt es bereits Nachzuchten in der dritten Generation.

6. Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Prinzip

Viele Delfinarien-Gegner leben nach dem „Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Prinzip“. Ihnen ist der Verbleib der Großen Tümmler egal. Hauptsache, Deutschland ist „delfin-frei“ … Leider sehen sie nicht die Chancen, die sich durch eine Delfin-Haltung in deutschen bzw. niederländischen Zoos auftun. Neben der optimalen Betreuung durch das Tiergarten-Personal erfahren die Großen Tümmler auch durch die kritische Beobachtung der Zoo-Besucher indirekten Schutz. Kein Zoo kann es sich leisten, dass es den Tieren schlecht geht.

Im Ausland sieht das oft ganz anders aus. Dort wiegt der Tierschutz in vielen Fällen wesentlich weniger als in Deutschland. Ein Delfinarium im Ausland würde sich dem kritischen Blick von deutschen Tierschützern und Zoo-Besuchern entziehen.

Beispiele

In vielen Vergnügungsparks in Südeuropa sind Delfine einer hohen Lärmbelästigung ausgesetzt, da sie dort fast pausenlos mit sehr lauter Musik beschallt werden.

7. Beziehungen

Kinder (und Erwachsene) bauen eine Beziehung zu jedem einzelnen Delfin auf.

Moby (Foto: Susanne Gugeler)

Viele Zoo-Besucher kennen ihre Lieblingstiere mit Namen und identifizieren sie anhand markanter Merkmale. Wesen, die man kennt, schützt man eher als Tiere, von denen man nur in Büchern gelesen und die man nur in Filmen gesehen hat.

Beispiel

Der 52-jährige Moby aus Nürnberg hat bereits seit vielen Jahren eine auffallende Narbe auf dem Kopf, die nicht zu übersehen ist. Sein Sohn Noah hat links auf der Stirn einen kreisrunden dunklen Fleck. Weitere Merkmale der Nürnberger Delfine siehe unter Steckbrief.

Die Trauer unter den Zoo-Besuchern wäre sehr groß, wenn die Delfine in ausländische Einrichtungen verbracht würden.

8. Yaqu Pacha und Tag des Schweinswals

Im Zoo kann man auch den Schutz von frei lebenden Delfinen und anderen Kleinwalen aktiv unterstützen.

Beispiele

Yaqu Pacha ist eine Organisation, die sich um wasserlebende Säugetiere in Südamerika kümmert. Der Tiergarten Nürnberg und der Zoo Duisburg unterstützen diese Organisation und sammeln Geld für Schutzprojekte in Gebieten, in denen Delfine massiv gefährdet sind.

2011 wurde im Duisburger Zoo der Tag des Schweinswals gefeiert. Mit einem überdimensional groß aufgemalten Schweinswal (nach einer Abbildung des Künstlers Jörg Mazur) machte der Zoo Duisburg im Mai 2011 auf die Gefährdungen dieses (einzigen in deutschen Gewässern lebenden) Meeressäugers aufmerksam. 100 Fünftklässler der Erich-Kästner-Gesamtschule, Duisburg, malten den Wal aus. Die S.O.S.-Station von Harderwijk war auch vor Ort und informierte die Zoo-Besucher über die Rettung von Schweinswalen. Die Delfinschutz-Gesellschaft GRD war ebenfalls anwesend und berichtete über den Erhalt der Meeressäuger in den Ozeanen.

Der Tiergarten unterstützt Yaqu Pacha (Foto: Susanne Gugeler)

9. Familien- und umweltfreundlich

Viele Familien können sich eine Reise zu frei lebenden Delfinen nicht leisten. Zu teurem Flug und teurer Unterkunft kommen noch Ausgaben für eine Whale-Watching-Tour.

Bleiben diese Familien im eigenen Land und sehen sich die Delfine im Tiergarten an, leisten sie einen nicht unerheblichen Beitrag für die Umwelt – und somit auch indirekt für die Delfine. Sie besteigen kein Luft verschmutzendes Flugzeug, sie gehen nicht an Bord eines Wasser verschmutzenden Whale-Watching-Bootes, sie rasen den Delfinen nicht mit lärmenden Zodiacs hinterher, sie stören keine Delfine beim Beutefang, Ruhen oder bei der Aufzucht von Jungtieren usw.

Eine Studie aus Australien hat gezeigt, dass Delfine durch sich nähernde Ausflugsboote gestresst sind. Das zeigt sich durch verkürzte Ruhephasen und verkürzte Jagdzeiten. Siehe dazu auch Ausflugsboote stressen Delfine.

Preis-Beispiel

In Irland kostet eine Ausfahrt zu den Walen und Delfinen 50 Euro.

10. Biophilie

Die ganzheitliche Erfassung eines Wesens trägt zum Schutz seiner Artgenossen bei (siehe auch Punkt 7).

Beispiel

Sowohl in Nürnberg als auch in Duisburg gibt es bei einem „Blick hinter die Kulissen“ die Möglichkeit, den Großen Tümmlern ganz nahe zu kommen, mit ihnen zu spielen, sie zu füttern usw. Dort kann man außerdem die Tierpfleger bzw. Trainer mit Fragen zur Haltung der Delfine „löchern“. Wie ich selbst erfahren konnte, bekommt man auch zu kritischen Fragen vernünftige Antworten, die den eignen Horizont in Sachen Delfine sehr erweitern. Schließlich hat man es in den Zoos mit Delfin-Experten zu tun, welche die Tiere sehr gut kennen und optimal über sie Bescheid wissen.

Fazit

Auch wenn die Tendenz immer mehr Richtung „Massentourismus im Ozean“ geht (siehe Beispiel Australien), sollten die in Delfinarien lebenden Großen Tümmler nicht vergessen werden.

Im Blauen Salon (Foto: Susanne Gugeler)

Wer deren Bestes will, der setzt sich meiner Meinung nach auch für einen intakten Lebensraum ihrer Artgenossen ein. Das trifft zumindest auf meine Person zu.

Es geht mir hier ausschließlich um die Delfine in Nürnberg, Duisburg und Harderwijk!!! Dass für Aquarien und Vergnügungsstätten in anderen Ländern/auf anderen Kontinenten (z.B. Asien) andere Maßstäbe gelten als in Deutschland oder in den Niederlanden, ist mir bekannt. Dort werden mitunter verstorbene Delfine sofort wieder durch Wildfänge ersetzt (siehe Taiji/Japan, die Solomonen Inseln oder das Schwarze Meer), was selbstverständlich untragbar ist.

In Taiji werden übrigens außer Großen Tümmlern Kurzflossen-Grindwale, Kleine Schwertwale, Rundkopfdelfine, Weißstreifendelfine u.a. Arten gefangen und an Aquarien in Asien verkauft. Der Umgang mit den Tieren ist in keinster Weise mit der Haltung von Großen Tümmlern in Nürnberg, Duisburg oder in Harderwijk zu vergleichen.

Ich verurteile Wildfänge in der heutigen Zeit aufs Schärfste und protestiere bei jeder Gelegenheit gegen das sogenannte Dolphin Drive und das Abschlachten von Delfinen und Walen. Siehe hierzu die Rubrik S.O.S.

Exkurs

In Delfinarien sind Große Tümmler weniger mit Schadstoffen belastet als in freier Wildbahn. Siehe dazu auch den Artikel Delfinariums-Delfine sind weniger mit Quecksilber belastet als ihre Artgenossen im Ozean.

5 Kommentare

  1. Auch in Nürnberg werden die Delfine unter "Drogen" gesetzt um ihr erbärmliches Leben überhaupt ertragen zu können. In diesem Sinne: Artgerecht ist nur die Freiheit!!! Über 30 gestorbene Nachzuchten in Nürnberg sprechen da denk ich auch bände.

    geschrieben von Steffen
    1. Erstens werden in Nürnberg die Delfine nicht "unter Drogen" gesetzt, zweitens führen sie dort kein erbärmliches Leben. Wie kommen Sie darauf, solch abstruse Behauptungen in die Welt zu setzen?
      In Delfinarien und im Freiland sterben nun mal Delfine – vor allem neugeborene. Deshalb spricht Ihre Feststellung keine "bände", um Ihren Begriff zu verwendne.
      Schauen Sie doch aktuell den MA-Beitrag http://www.meeresakrobaten.de/2013/09/eine-delfin… an. Was sagen Sie dazu?
      Ich finde es außerdem nicht dienlich für eine Diskussion, immer wieder die Vergangenheit ins Spiel zu bringen. Zu Beginn jeder Tierhaltung im Zoo gab es leider viele Todesopfer, die aber mit der Zeit – zum Glück – immer weniger wurden. Außerdem gibt es zwischen der Definhaltung in Nürnberg und den Todesfällen meist keinen Kausalzusammenhang. Wie bereits erwähnt, gerade neugeborene Delfine sind sehr gefährdet.

      geschrieben von Susanne
    2. In Nürnberg sind kranke Tiere bis zu ihrer Genesung mit Medikamenten behandelt worden. So wurden z.B. auch Appetitanreger eingesetzt, um ein Abmagern bzw. eine Dehydration zu vermeiden (Delfine müssen ihren Wasserbedarf aus dem Futter decken).

      Eine solche Behandlungstechnik ist auch in der Humanmedizin (insbes. der Geriatrie) absolut üblich. Die Delfine werden also nach vergleichbaren medizinischen Richtlinien behandelt, wie Menschen.
      Was genau haben Sie daran auszusetzen?

      Außerdem sind nicht "30 Nachzuchten" gestorben, sondern in 40(!) Jahren 30 Tiere insgesamt. Ohne Zweifel wurden am Anfang Fehler gemacht, falsch und/oder zu spät behandelt usw.

      Allerdings sollte auch Ihnen nicht entgangen sein, dass dies längst Vergangenheit ist: In Nürnberg lebt einer der ältesten Delfine der Welt, Todesfälle hat es seit Jahren nicht mehr gegeben. Zudem hat die neue Delfinlagune komplett neue und stark verbesserte Gegebenheiten geschaffen, so dass die Zahlen der Vergangenheit noch allenfalls von historischem Interesse sein können.

      Fakt ist, dass seit über 20 Jahren in den EEP-Delfinarien mehr als genug Tiere nachgezüchtet werden, dass auf Wildfänge (auch in Zukunft) komplett verzichtet werden kann.
      Zudem ist (auch im EEP) die Jungtier-Überlebensrate inzwischen wesentlich höher als in freier Wildbahn.

      Ich denke, diese nachprüfbaren Fakten sprechen eine eindeutige Sprache und belegen eindeutig, dass es den Tieren ganz offensichtlich ziemlich gut geht!

      geschrieben von Norbert
  2. Ja, Menschen mit Delphinen zu 'sozialsieren' wird Delphine retten!! Also grosses und uneingeschränktes JA zum Delphinarium wie es in Nürnberg angelegt wurde! Aber warum werden hier die Seekühe nicht behandelt??? Auch hier: kein Mensch in Europa wüsste dass es sie gibt und sie vom Aussterben bedroht sind, wenn es nicht das Manati Has in Nürnberg und auch in Berlin gäbe!! Bitte, bitte, auch wenn se weniger sektakulär sind – beobachtet Manatis!!! Sie ersetzen jede Yoga Stunde und jedes anti-stress-slow-down Seminar!

    geschrieben von matute
  3. Ein super-klasse, sehr informierender Beitrag! Zu deinem Punkt 6 möchte ich anmerken, dass ich in den Pfingstferien im Marineland Antibes an der französisch-italienischen Grenze war. Darüber werde ich in Kürze einen Bericht auf meiner HP veröffentlichen. Es ist einfach untragbar! Exorbitante Preise (38 € Eintritt, ein Burger mit Pommes 12 €) und ein Lärm, der mit den Darbietungen bei "Rock am Ring" zu vergleichen ist. Lautsprecherboxen, die dein Zwerchfell vibrieren lassen. Animateure, die das (delfin- und orca-unerfahrene) Publikum zum Mitklatschen animieren. Gröhlende Kinder, wann immer ein Delfin oder Orca einen Luftsprung machen musste. Ich bin einiges gewohnt, und ich bin auch nicht zimperlich, doch der Lärm bei den Darbietungen am 30. Mai 2012, dem ich zweimal jeweils 30 Minuten ausgesetzt war (so lange dauern die Shows), war für mich in dieser kurzen Zeit schon unerträglich. Die Meeresakrobaten dort müssen das aber tagtäglich ertragen. Ich war bei meinem Besuch dort nur noch wütend und traurig. Ich bitte daher jeden, auf dieses Spektakel zu verzichten. Für deutlich weniger Geld und aus meiner Sicht auch wesentlich tierfreundlicher kann man etwas weiter nordöstlich, nämlich in Sanremo oder Imperia für "nur" 32 € bei 4-stündigen Delfin-Touren teilnehmen. 12 Meilen draußen sieht man fast immer Streifendelfine. Finnwale, die zweitgrößten Tiere, die jemals auf der Welt gelebt haben, habe ich dort auch schon gesehen und fotografiert. Also: Überlegt euch, welches Delfinarium ihr besucht. Da gibt es nämlich gewaltige Unterschiede.  Für mich steht fest: Marineland Antibes, nie mehr wieder!

    geschrieben von Ruediger

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