Wie sich Delfine fortpflanzen

Große Tümmler/Schottland (Foto: Birgit Hussel)

Die Delfine sind im Alter von sieben Jahren geschlechtsreif. Jedoch bereits einen Monat nach der Geburt beginnt beim Männchen die Kopulationsfähigkeit.

Nach einem ausgedehnten Liebesspiel, in dem die Partner aufeinander zuschwimmen und mit ihren Körpern und Brustflossen aneinander entlangstreifen, schließt die 5 bis 20 Sekunden dauernde Kopulation den Fortpflanzungsakt ab.

Die Delfine paaren sich meist in der Seitenlage. Die männlichen Wale besitzen einen Penis aus elastischem Gewebe, der bei großen Arten eine Länge von 2,5 bis 3 m erreicht. Dieser derbe Strang liegt unter der Bauchhaut und kommt nur bei sexueller Erregung zum Vorschein. Sein schnelles Hervortreten wird durch die Elastizität des Organs ermöglicht.

„Der Schwellkörperanteil des verhältnismäßig sehr langen und sehr beweglichen Penis ist im Vergleich zu dem der Landsäuger sehr gering. Dafür besitzt der Walpenis aber viel mehr Muskeln, die ihn beweglich machen. Einzigartig ist der Modus, wie der Walpenis die oft sehr weit entfernte Vagina findet. Die Penisspitze (Glans) ist pelzartig mit Sinneshaaren überzogen. Diese enthalten viele Chemorezeptoren, mit deren Hilfe der Penis in die Scheide gelenkt werden kann.“ (Aus Günther Behrmann: „Die Bewegungskoordination des Penis während der Kopulation beim Schweinswal Phocoena phocoena“. Säugetierkundliche Inf., 3/18, S. 611-616. Jena, 1994)

Sinneshaare auf Penisspitze

Rechts die mit Sinneshaaren versehene Penisspitze (Glans) des Delfins
(stark vergrößerte Aufnahme von Günther Behrmann)

„Die Chemorezeptoren erfassen die Duftstoffe, die von der Vagina verströmt werden. Sie sehen optisch Riechzellen sehr ähnlich, sie „riechen“ ja auch die Duftspur. Anatomisch sind diese Rezeptoren aber keine Riechzellen, denn sie haben keine Verbindung mit den Geruchszellen in der Nase.

Um den Weg in die Vagina zu finden, hat der Penis unter der Haut Tast- und Druckzellen, die die Penismuskeln lenken.“ (Günther Behrmann in E-Mail vom 8. April 2020)

Lage der Geschlechtsorgane

Die Hoden des männlichen Delfins liegen wie bei Elefanten und Gürteltieren an der Rückenseite der Bauchhöhle hinter den Nieren. Die Eierstöcke des weiblichen Delfins befinden sich an derselben Stelle. Die Entfernung zwischen der Geschlechtsöffnung und dem After ist beim Weibchen kürzer als beim Männchen. Die Scheide ist mit einer stark gefalteten Schleimhaut versehen. Nach dem Eisprung nistet sich das 0,1 bis 0,2 mm große Säugetierei in der zweihörnigen Gebärmutter ein.

Geschlechtsorgane 1

Geschlechtsorgane 2

Das Foto oben rechts und die Grafiken stammen von Günther Behrmann.
Erklärung (zum Vergrößern bitte anklicken)
Links: Das weibliche Fortpflanzungsorgan eines Delfins (BV = Harnblase, D = Mastdarm, GC = Klitoris, GU = Gebärmutter, HU = Harnleiter, K = Niere, MI = Milchdrüse, O = Eierstock, OP = Becken)
Rechts: Das männliche Fortpflanzungsorgan eine Delfins (BV = Harnblase, G = Glans, MI = Penismuskel, MR = Rückziehmuskel, OP = Becken, PP = Vorhaut, R = Niere, T = Hoden)

Befruchtung

„Aus der leeren Follikelhülle entwickelt sich – ebenfalls wie bei den anderen Säugetieren – nach der Ovulation ein Gelbkörper, der bei den Zahnwalen die übliche gelbe Farbe zeigt, bei den Bartenwalen jedoch rosafarben ist. Der Gelbkörper bildet ein Hormon, das das Anheften der Frucht an die Wand der Gebärmutter fördert. Wird das Ei nicht befruchtet, so findet auch keine Anheftung statt und dann schrumpft der Gelbkörper bald zu einer weißen, bindegewebigen Masse zusammen.“ (aus: Slijper, E. J.: „Riesen des Meeres“)

Wenn eine Befruchtung stattgefunden hat, wird der Gelbkörper bis zum Ende der Trächtigkeit immer größer. Nach der Geburt degeneriert er wieder. Die Körper bleiben als Überreste ehemaliger Ovulationen erhalten. Bei den Zahnwalen nistet sich die Frucht fast immer im linken Gebärmutterhorn ein, auch wenn der rechte Eierstock ovuliert hat. Im rechten Horn befindet sich ein Teil der Plazenta.

Während der 11- bis 13-monatigen Tragzeit verliert das Delfinweibchen nichts von seiner Aktivität. Erst etwa zwei Tage vor der Niederkunft, nachdem es sichere Gewässer (Buchten, Flussmündungen, Lagunen, Sümpfe) aufgesucht hat, wird es ruhiger und nimmt keine Nahrung mehr zu sich.

Die Geburt eines Delfins

Beim Auftreten der ersten Wehen schwimmt der Delfin langsamer. Die anderen Weibchen bleiben in seiner Nähe. Den 30 bis 60 Minuten dauernden Eröffnungswehen schließen sich Presswellen an. Die Geburt beginnt mit dem Austreten der Schwanzflosse des jungen Delfins und zieht sich über 20 Minuten hin. Oft wird die Gebärende von einer „Amme“ unterstützt, die das Junge aus dem Mutterleib zieht.

Geburt eines Delfins, LWL-Museum, Münster (Foto: Rüdiger Hengl)

Geburt eines Delfins, LWL-Museum, Münster
(Foto: Rüdiger Hengl)

Nynkes Baby an der Milchbar  (Foto: Rüdiger Hengl)

Nynkes Baby an der Milchbar
(Foto: Rüdiger Hengl)

Die lange Nabelschnur reißt erst nach dem vollständigen Austritt der Frucht in der Nähe des Bauches ab, nachdem sich die Mutter schnell nach vorne bewegt hat. Die Nachgeburt tritt nach 1,5 bis 10 Stunden aus. Sie wird, im Gegensatz zu der Gewohnheit vieler Landsäuger, nicht von der Delfinmutter aufgefressen.

Das 1 m lange und 30 bis 35 Pfund schwere Neugeborene des Großen Tümmlers, das bereits Töne von sich geben kann, wird nach der Geburt sofort von seiner Mutter und eventuell einer Amme an die Wasseroberfläche gebracht, wo es seine ersten Atemzüge schöpft. Die Schwimmflossen des jungen Delfins sind noch weich und eingerollt und breiten sich erst nach einigen Stunden, in inzwischen gehärtetem Zustand, aus. Bis dahin sind seine Schwimmbewegungen noch unbeholfen. Die Haut der neugeborenen Delfine weist auch mehrere Wochen nach der Geburt Streifen auf, die noch von der zusammengerollten Lage im Mutterleib herrühren.

Die erste Nahrungsaufnahme

In Hautfurchen befindet sich beiderseits der weiblichen Geschlechtsöffnung jeweils eine Zitze, aus der das Junge etwa 18 bis 21 Monate lang sehr fett- (35 bis 40 %) und eiweißhaltige gelbliche Muttermilch saugt.

Der erste Saugakt findet 75 Minuten bis 4 Stunden nach der Geburt statt. Das Delfinjunge, das keine eigentlichen Lippen besitzt, umfasst die Zitze mit der Zunge und drückt sie gegen den Gaumen. Sobald die Mutter spürt, dass das Jungtier eine Zitze mit der Schnauze umschließt, spritzt sie mittels einer Art Muskelpumpe die Milch tief in den Schlund des Saugenden.

Die Fütterung ist in wenigen Sekunden abgeschlossen – der kleine Delfin kann sich wieder zum Luftholen an die Wasseroberfläche begeben. Die Kürze der Fütterungszeit gewährleistet auch, dass das Delfinjunge nicht zu viel Salzwasser schluckt. Alle 10 bis 30 Minuten wiederholt sich die Nahrungsaufnahme, während deren Ablauf sich die Delfinmutter durch seitliches Schwimmen fortbewegt.

Innerhalb von 2 bis 3 Monaten hat das Junge sein Geburtsgewicht verdoppelt. (Das Gebiss des Delfins entwickelt sich in 5 bis 7 Monaten.) Etwa alle zwei bis drei Jahre wird meist nur ein Junges zur Welt gebracht. Daran sieht man, wie sensibel die Arterhaltung der Delfine ist.

Paarungsverhalten im Delfinarium

Delfine, die zwar nicht zu jeder Jahreszeit zum Liebesspiel aufgelegt sind, paaren sich jedoch in Gefangenschaft häufiger als ihre Artgenossen im natürlichen Lebensraum. Zur Zeugung eines Nachkommen kommt es dabei allerdings selten. Dem Begattungsakt geht immer ein ausgedehntes Liebesspiel voraus, das sich bis zu einer Stunde hinziehen kann.

Orcas

Der Delfinologe Roger Conklin hatte mehrfach Gelegenheit, die zärtliche Annäherung zweier paarungswilligen Delfine durch ein Unterwasser-Bullauge hindurch zu beobachten:

– Das Delfinmännchen nähert sich vorsichtig einem Weibchen.
– Mit einem Verführungstanz versucht es die Aufmerksamkeit der „Auserwählten“ auf sich zu ziehen. Der männliche Delfin richtet sich dabei im Wasser auf und bewegt sich schlängelnd – wie ein S gekrümmt – durchs Wasser.
– Wenn das Weibchen seine Werbung erwidert, wird es ebenfalls aktiv. Beide Tiere beknabbern ihre Schnauzen, streicheln sich gegenseitig mit den Schwanzflossen Kopf und Körper und gleiten Bauch an Bauch aneinander entlang. Er berührt ihre Geschlechtsregion mit der Flosse, sie versetzt ihm sanfte Schnauzenstöße.
– Das Männchen nimmt Anlauf und schwenkt kurz vor ihr leicht zur Seite. Im Vorüberschwimmen gleitet seine Körperunterseite an ihrer Unterseite vorbei. Sein vibrierendes Blasloch lässt vermuten, dass er Töne von sich gibt.
– Das Weibchen schnellt aus dem Wasser und schmiegt sich beim Wiedereintauchen an den Bauch ihres Partners. Mit der Schnauze stößt der weibliche Delfin sanft gegen seine Geschlechtsregion und streichelt diese anschließend mit der Flosse.
– Das erigierte Geschlechtsorgan des Männchens tritt aus der Bauchfalte. Nachdem sich das Weibchen auf die Seite gelegt hat, vereinigen sich die Tiere eng umklammert.

Der Begattungsakt dauert zwischen einer und 30 Sekunden und kann sich – wie beim Gewöhnlichen Delfin beobachtet wurde – viertelstündlich wiederholen.

Unterschiedliche Sexualpartner

Neben diesem hauptsächlich vorkommenden Paarungsverhalten kann man bei manchen Delfinen noch sexuelle Betätigungen anderer Art beobachten. Oft gehen männliche Delfine homosexuelle Beziehungen ein, auch wenn paarungswillige Weibchen anwesend sind.

Außerdem masturbieren diese Tiere gelegentlich, indem sie ihre Geschlechtsregion an verschiedenen Gegenständen reiben. Befinden sich neben den Delfinen noch artfremde Tiere im Becken (z.B. Rochen, Muränen, Schildkröten), so versuchen die Meeressäuger (meist erfolglos) mit diesen Bassin-Insassen sexuelle Beziehungen herzustellen. Auch vor Liebesspielen mit anderen Delfinarten (z.B. männlicher Tursiops truncatus und Lagenorchynchus-Weibchen aus dem Pazifik) wird nicht Halt gemacht.

Die Delfin-Expertin Margarete Howe, die während eines zweieinhalb Monate dauernden Experimentes Tag und Nacht bei einem männlichen Delfin namens Peter in einer Spezialanlage verbrachte, berichtet in ihrem Protokoll, dass Peter häufig Erektionen hatte, wenn sie mit ihm spielte.

Die Delfine spezialisieren sich nicht ausschließlich auf eine sexuelle Betätigungsart, sondern üben sowohl nicht auf Artgenossen bezogene Liebesspiele als auch den „normalen“ Paarungsakt aus. In Zeiten sexueller Erregung lassen die Delfine das Dressurprogramm nur unwillig über sich ergehen.

Siehe zu diesem Thema auch den Meeresakrobaten-Beitrag vom 13. April 2012: Delfine können auch anders.

Ungewöhnliche Delfin-Kreuzungen

1947 erblickte der erste Tursiops truncatus, der in Gefangenschaft gezeugt wurde, in den Marine-Studios von Florida das Licht der Welt. In der Zwischenzeit wächst bereits die dritte Generation der Großen Tümmler in den amerikanischen Delfinarien heran. Im „Sea Life Park“ in Hawaii gelang sogar eine Kreuzung zwischen einem männlichen Großen Tümmler und einem Rauzahndelfin-Weibchen (Steno bredanensis) – laut der Delfin-Forscherin Karen Pryor nach den Klassifikations-Stammtafeln der Delfinverwandtschaften eine ungefähr ebenso unwahrscheinliche Kombination wie die Kreuzung zwischen einem Schaf und einem Kamel.

Das Delfinmädchen, das von beiden Elternteilen Merkmale geerbt hatte (seine Stirn kam der des Vaters, seine Nase der der Mutter gleich; seine graue Farbe war mit geflecktem Braun gemischt), überrundete seine Eltern innerhalb von zwei Jahren beträchtlich an Größe.

Auch im Jahr 2004 sorgte eine ungewöhnliche Wal-Delfin-Kreuzung für Aufsehen: Am 23. Dezember 2004 erblickte der Abkömmling eines „Wolphins“ in einem Meerespark auf Hawaii das Licht der Welt. Der Vater des Tieres ist ein Großer Tümmler, die 20-jährige Mutter „Kekaimalu“ stammt aus einer Kreuzung zwischen einem Großen Tümmler und einem Kleinen Schwertwal (auch Unechter Schwertwal genannt). Das Jungtier hat zu drei Vierteln die Erbanlangen eines Großen Tümmlers und zu einem Viertel die Erbanlagen eines Kleinen Schwertwals.

Wildes Spiel im Meer (Foto: Dürsch)

Die äußerst seltenen Kreuzungen kommen laut Renato Lenzi, dem Leiter des Meeresparks, auch in freier Natur vor. Das „Wolphin-Mädchen“ war wenige Monate nach seiner Geburt bereits offenbar wesentlich größer als gleichaltrige Große Tümmler.

Inzucht bei Delfinen

Für Inzucht-Paarungen in freier Wildbahn sind offenbar vor allem jüngere Delfin-Weibchen anfällig. Festgestellt wurde außerdem, dass Kälber aus Inzucht-Verbindungen (zum Beispiel Vater-Tochter-Beziehung) länger brauchen, bis sie entwöhnt sind, als Kälber, die aus einer Verbindung von nicht miteinander verwandten Delfinen stammen. Das bedeutet wiederum, dass ihre Mütter weniger Jungtiere in die Welt setzen als andere Delfine. Inzucht-Paarungen sind daher aus Sicht der Evolution unerwünscht.

Mehr dazu und zu den Delfinen aus der Shark Bay (Australien), bei denen Inzucht-Verhalten beobachtet wurde, findest du unter dem Meeresakrobaten-Beitrag vom 10. Oktober 2011 Inzucht bei Delfinen.

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1 Kommentare

  1. Echt cool was man alles erfährt.

    geschrieben von Lola

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